Vom „No-Name“ zum Produkt mit Wiedererkennungswert Aldi, Lidl, Hornbach, Ikea, dm…. Alle tun es, also reden wir doch auch mal…
Darum steigt die Macht der Handelsmarken!
Das Empfinden der Konsumenten bezüglich der Qualität von Handelsmarken im Vergleich zu Herstellermarken war im Jahr 2017 so positiv wie noch nie. Nach einer Umfrage von 1.000 in Deutschland haushaltsführenden Konsumenten beurteilten 8 % die Handelsmarken als hochwertiger im Vergleich zu den Herstellermarken. Nur noch 7 % sahen die Wertigkeit als geringer an – hier konnten Handelsmarken zwei Punkte gut machen. Was können Herstellermarken gegen diese steigende Macht der Handelsmarken tun?
Längst sind Handelsmarken nicht mehr einfach Niedrigpreis-Artikel und billige Alternativen zu teuren Markenprodukten. Oft bieten Händler mit ihren Marken einen Mix aus Produkten verschiedenster Preisklassen an. Besonders die Premiumhandelsmarken werden im Handel immer wichtiger und sind höchstwahrscheinlich dafür verantwortlich, dass das Image für Eigenmarken deutlich gestiegen ist.
Und die Konsumenten? Die erwarten eine immer höhere Qualität: In ihren Augen ist die Qualität (67 %) der Handelsmarken sogar etwas wichtiger als der Preis (58 %). Und damit nicht genug: Handelsmarken sollen die gleichen Qualitätsanforderungen wie Herstellermarken erfüllen (79 %).
„Es ist pfiffig, Handelsmarken zu kaufen, weil man gute Qualität zu einem günstigeren Preis bekommt.“: 72 % (Ipsos 2017). Die Verbraucher haben erkannt, dass der Vorteil nicht nur allein der Preis ist, sondern vielmehr das Verhältnis von Preis und Qualität.
Herstellermarken: Nur noch Kultmarken vorne?
Großen Marketing- und Werbebudgets sei Dank können Herstellermarken mit hoher Bekanntheit und Wahrnehmung und auch mit einer engeren Bindung der Kunden an die Marke und an das Produkt punkten. Bei Markenprodukten vertrauen die meisten Konsumenten darauf, dass Qualität mit der Marke einhergeht. Dies kann besonders von Bedeutung sein, wenn die Qualität sehr wichtig ist. Etwa bei sensiblen Produkten wie Windeln, Babynahrung etc. Gerade hier tun sich Handelsmarken schwer. So scheiterte der erste Versuch von Amazon, eine Windel-Eigenmarke zu platzieren. Und das trotz des zur Verfügung stehenden einzigartigen Shopsystems und dessen immenser Reichweite. Der zweite Versuch steht aber bereits in den Startlöchern.
Doch wie können Marken herausstechen? Zum Beispiel mit Hilfe äußerlicher Erkennungsmerkmale wie Form, Verpackung oder Farben, die zwischen dem Einheitsbrei im Regal auffallen. Beispielsweise stechen die Stapelchips-Dosen von Pringles oder die lilafarbenen Schokoladentafeln von Milka neben anderen Produkten deutlich hervor.
Bei vielen Herstellerprodukten wird das Potenzial aber nicht ausgenutzt, sie versinken in den riesigen Produktsortimenten und fallen den Handelsmarken zum Opfer. Längst transferiert der Handel Maßnahmen der Markenkommunikation auf seine Eigenmarken und setzt auf die emotionale Wirkung von Werbung, z. B. wirbt REWE im TV für seine Eigenmarke „Rewe Feine Welt“.
Dennoch haben Herstellermarken haben nach wie vor ein gewaltiges Potential dem entgegenzuwirken: Im Jahr 2017 gab es in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 9,25 Millionen Personen, die der Aussage „Wenn man bekannte Markenartikel kauft, kann man sicher sein, dass man gute Qualität bekommt“ voll und ganz zustimmten (Ipsos 2017). Ein stabiler, bzw. gestiegener Wert! Ein Markenartikel steht also noch wie bereits erwähnt für Sicherheit und Vertrauen. Das gilt aber vielleicht bald nur noch für die genannten sensiblen Produkte?!
Gleichen sich Handelsmarken und Herstellermarken an?
Um als Handelsmarke den Anforderungen der Konsumenten gerecht zu werden, wird ein Strategiewechsel vollzogen. Der Wandel von reinen Billigprodukten zur Qualitätsalternative mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis sorgt jedoch für (eine gewollte?) Verwechslungsgefahr.
So langsam verschwimmt alles in einem Topf und irgendwann sind Handelsmarken auf gleicher Ebene wie Herstellermarken. Zumindest in weiten Teilen. Die Preise der Handelsmarken steigen und das Erscheinungsbild der Handelsmarken wird immer hochwertiger. Das spüren auch die Konsumenten: „Verglichen mit den Preisen vom letzten Jahr hat es spürbare Preiserhöhungen bei Handelsmarken gegeben“, waren sich 41 % der Befragten in einer Umfrage einig (Ipsos 2017).
Zum Start der ganzen Geschichte mit „ja!“ und Co. war die Differenzierung klar. Heute, mit den Unterteilungen in Einstiegs-Handelsmarken und Premium-Handelsmarken, fällt die Unterscheidung immer schwerer. Die Folge: Der ursprüngliche Kern vieler Handelsmarken geht verloren.
Was tun Herstellermarken im Kampf gegen Handelsmarken?
So manchen Herstellermarken laufen die gewohnten Margen weg. Was sind die offensichtlichen Maßnahmen? Zum einen scheint es Standard geworden zu sein, den tatsächlichen Inhalt einfach nach und nach zu reduzieren. Eine seit Jahren übliche Masche, die kurz aufkocht, wenn in den Medien darüber berichtet wird und danach schnell wieder in Vergessenheit gerät. Klappt also prima!
Die zweite Maßnahme passt perfekt zur Neuausrichtung so mancher Discounter, allen voran ALDI. Diese weiten Ihr Sortiment aus und nehmen bekannte Marken mit ins Portfolio – ausgerechnet die Discounter, DIE Anbieter der Handelsmarken schlechthin. Spielten doch bei den Discountern die Handelsmarken im 1. Halbjahr 2016 und im 1. Halbjahr 2017 eine besonders wichtige Rolle. Handelsmarken schlugen dort zuletzt mit 68,5 % Umsatzanteil zu Buche (GfK 2017).
Das Unangenehme am Listing in Discountern sind noch geringere Margen, da gerade ALDI bekannt ist, extreme Einkaufspreise zu fordern – und zu bekommen. Bedeutet: Herstellermarken können hier nur über die schiere Masse zum Ertrag kommen. Sicher ein Dorn im Auge so mancher Vollsortimenter wie EDEKA, die durchaus in der Vergangenheit deutlich höhere Einkaufspreise hinblättern mussten, obwohl Geschäftsbeziehungen schon lange bestanden und EDEKA sicher keine kleinen Mengen abnimmt. Beide Maßnahmen stärken weder das Vertrauen zum Konsumenten noch zum Geschäftspartner.
Ganz neu ist übrigens auch, das auch nun seitens der Discounter (zumindest ALDI) harte Preisaktionen mit Markenartikeln gestartet werden – bisher ein no-go bei den Discountern!
Herstellermarken – wenig Mumm, noch weniger Mut
Sehen sich viele Hersteller so sehr mit dem Rücken zur Wand, dass Sie alles in Kauf nehmen, um in den Köpfen der Konsumenten platziert zu bleiben? Wie wäre es mit Produktinnovationen, die den Konsumenten wirklich etwas bieten, mit außergewöhnlichen Ideen oder auch richtig Power im Verpackungsdesign inkl. Mehrwert. Vertrauensbildende Maßnahmen und nachhaltige Imageförderung wären doch mal was. Transparenz und ein offensichtlich faires Verhalten sind bei Marktführern gefragt! Warum nur fällt mir hier spontan Frosta ein? Weil die so vieles richtig machen und sogar relativ transparent mit dem Thema Eigen- und Handelsmarken umgehen. Denn Frosta bietet beides – wenn auch mit gewissen Unterschieden.
Und hier ist schon das nächste Thema: Unterscheiden sich Handelsmarken gegenüber den Eigenmarken, wenn Sie aus demselben Werk kommen? Ja durchaus, aber eben nicht immer. So manche Herstellermarke machte es sich dem Vernehmen nach einfach und stülpt schlichtweg verschiedene Verpackungen über den gleichen Inhalt. Wie war das mit der Transparenz?
Fazit: Love Brand schaffen
Nach dem Hoch in 2014 sind die Jahre 2015 und 2016 mit 37 % Umsatzanteil der Handelsmarken im Bereich der Fast Moving Consumer Goods (FMCG) unverändert.
Noch können sich die Herstellermarken als das wahre Premium-Segment behaupten. Weihnachten 2017 zeigte auch, dass es Premium-Handelsmarken durchaus schwer haben – auch bei hohem Werbedruck – tatsächlich auf dem Esstisch zu landen. Bedeutet: Image zählt! Spätestens an besonderen Anlässen möchte der Konsument lieber die bekannte Marke auf dem Tisch haben. Mit 22 % der aktuell höchste Wert (siehe Statistik Seitenanfang). Das könnte sich aber ändern.
Hersteller sollten weniger Aktionismus zeigen und kundenorientierter sein. Sonst marschieren zumindest die Premium-Handelsmarken munter weiter nach vorne. Unterstützt von den Vollsortimentern haben Sie genug Power dazu! Eine reine Ausweitung auf die Discounter und weniger Inhalt in den Verpackungen sind keine langfristige Lösung.
Hersteller müssen eine Love Brand schaffen, weiter innovativ sein und positiv überraschen. Und das schleunigst. Sonst geht dieses Feld auch noch an die Handelsmarken verloren. Hier scheint z. B. die Drogeriekette dm laut einem Interview mit Kerstin Erbe (Geschäftsführerin Produktmanagement bei dm-drogerie) zufolge einiges vor zuhaben. Wir sind gespannt!
Wer schreibt hier? Mein Name ist Thomas Angotti [tom]. Seit 2000 führe ich die Werbeagentur tma pure, bin SEO-Nerd und verrückt nach guten Ideen und interessantem Marketing - online und offline.
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